Die Untersuchung rekonstruiert im ersten Teil aus einer lokalhistorischen Perspektive die Umsetzung der reichsweiten Verordnungen zur Praxis der Zwangsarbeit und die vielschichtigen Alltagswirklichkeiten von AusländerInnen in der Gauhauptstadt Oldenburg sowie Einzelschicksale. Seit dem Frühjahr 1940 wurden ausländische Arbeitskräfte in größerer Zahl in Betrieben und bei kommunalen Arbeitsvorhaben eingesetzt, sie blieben aber bis Kriegsende eine überschaubare Gruppe. Der zweite Teil der Arbeit konzentriert sich auf die Analyse von lebensgeschichtlichen Erinnerungen der interviewten deutschen und polnischen ZeitzeugInnen. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht hierbei die Frage, inwieweit Interviews als eine Quelle dafür zu begreifen sind, vergangene "Wirklichkeiten" zu rekonstruieren oder Erfahrungsaufschichtungen und Deutungsmuster aufzuzeigen. Neben ausführlich dargestellten Einzelfallanalysen, die die individuellen Erinnerungskonstruktionen differenziert und detailliert beschreiben, zeigt die synoptische Analyse der durchgeführten Interviews die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Erinnerungspräsentationen. <dt.>
The first part of the examination seeks to reconstruct the implementation of forced labour as it was enacted according to an imperial decree, and the multi-faceted effects on the daily realities of foreigners as well as individual fates in the Nazi-administrative capital, Oldenburg as seen from a regional-historical perspective. Foreign labour was increasingly employed in greater numbers in business and in community operations as of spring 1940 but remained a containable number until the end of the war. The second part of the examination concentrates on analysing the biographical memoirs of the German and Polish time witnesses who where interviewed. The question focused on here is how legitimate interviews are as a source for reconstructing past 'realities' or for illustrating whole realms of experiences and patterns of interpretation. Besides the detailed depiction of individual analyses which give a differential and particularised description of individual constructions of recollection, the synoptical analysis of the interviews performed shows commonality as well as differences in the presentation of recollection. <engl.>
Inhaltsverzeichnis: - Klaus Saul : "Gesichter der Zwangsarbeit" - Eine Einführung - Hans-Henning Hahn : Deutsche Besatzung und polnischer Widerstand 1939-1945 - Karl-Ludwig Sommer: Die Durchsetzung und praktische Ausübung der nationalsozialistischen Herrschaft in Oldenburg - Katharina Hoffmann:Lebensverhältnisse von ausländischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in der Stadt Oldenburg während des Zweiten Weltkrieges - Ingo Harms: Das Schicksal der ausländischen Patienten in der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen während des Nationalsozialismus - Birthe Kundrus: "Verbotener Umgang". - Liebesbeziehungen zwischen Ausländern und Deutschen 1939-1945 - Jens Luge: Oldenburger Strafgerichtsprozesse gegen Ausländer - Andreas Lembeck: Leben im Transit. - Zur Nachkriegssituation der befreiten Zwangsarbeiter, ausländischen KZ-Häftlinge und Kriegsgefangenen - Hilke Günther-Arnd: Leben ohne Spuren - Von den Schwierigkeiten einer Ausstellung zur Zwangsarbeit in Oldenburg - - Im Juni 1998 besuchten ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Polen und der Ukraine die Stadt Oldenburg. Aus diesem Anlaß wurde im Kulturzentrum PFL die Ausstellung "Gesichter der Zwangsarbeit" gezeigt, begleitet von einer zeitgeschichtlichen Vortragsreihe. Dieser Sammelband dokumentiert die Beiträge der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dargestellt werden sowohl die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter als auch das Problem der Bewältigung nach der Befreiung durch die Alliierten im Jahr 1945. Einleitende Ausführungen zur Situation im von Deutschen besetzten Polen und zur nationalsozialistischen Herrschaft in Oldenburg ergänzen die Beiträge