'Es ist unfassbar, welches Unglück das deutsche Volk in seiner Verblendung und Torheit, seinem Mangel an Charakter und vernünftiger Einsicht über uns, aber auch über Europa, und letzten Endes auch über sich selbst gebracht hat'. In diesem Satz, 1943 von Dr. Kretschmer in einem Brief an seinen nach Süd-Afrika emigrierten Neffen geschrieben, spiegelt sich die kluge Wahrnehmung des Verfassers ebenso, wie dessen tiefe Enttäuschung zum Ausdruck gebracht wird. Für Julian Kretschmer, 1881 in Oberschlesien geboren, zum Studium der Medizin nach Berlin - 'dem Eldorado' - gegangen, und dann aufgrund seiner Heirat 1919 nach Emden übersiedelt, wo er sich als 'Facharzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten' niederließ, bestand das 'Projekt seines Lebens' im Versuch der Anpassung an die geliebte deutsche Kultur. Dass dieser Schritt für Juden nicht möglich sein würde, war ihm schon sehr früh, lange vor 1933 und der Wahl Adolf Hitlers deutlich geworden. Dennoch versuchte er, gewissermaßen in einer stolzen Resigniertheit, sein Leben und das seiner Familie zu gestalten sowie für seine Patienten 'da zu sein', bis er - wie viele andere viel zu spät - einsehen musste, dass einzig die Emigration als Ausweg verblieb. Dass er in seiner neuen 'Heimat' Palästina nur noch wenige Jahre und unter sehr schwierigen, ja entwürdigenden Umständen sein Leben führen konnte, gehört zu der Schuld 'des deutschen Volkes', die sich nicht wieder gutmachen läßt. <dt.>
Oldenburg: Bibliotheks- und Informationssystem der Univ.
Online-Ressource (PDF-Datei: 439 S., 2,5 MB).
Literaturverz. S. [423] - 439 ; Auch als gedr. Ausg. vorh
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Kindheitserlebnisse deutscher und österreichischer Juden von der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis ins Jahr 1938. Autobiographische Manuskripte von Emigranten, die Deutschland und Österreich während des Nationalsozialismus verlassen mußten, sind Grundlage der hier vorgelegten Veröffentlichung. <dt.>
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